Aschermittwochsblues

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Vorbei ist die nรคrrische Zeit – und auch zwei Tage nach dem Aschermittwoch und dem Abklingen der Spรคtfolgen bleibt das Gefรผhl: frรผher – frรผher war alles besser.

Eigentlich ist das ein Satz, den Eltern und GroรŸeltern oder allzu spieรŸig-konservative Zeitgenossen gerne verwenden, um mรถglichst gieรŸkannenartig zu erklรคren, dass frรผher alles besser war: Kommunikation, das Fernsehprogramm, das Essen, die Welt – und das Feiern sowieso. Man mag diesem Habitus nichts abgewinnen kรถnnen, doch bei der Betrachtung des Erlebten am Faschingsdienstag ist man zur Zustimmung fast gezwungen.

Dass der Faschingsdienstag als Schlusstag des nรคrrischen Treibens nicht mehr den Sonderstatus lรคngst vergangener Zeiten genieรŸt – geschenkt. Frรผher legten quasi flรคchendeckend alle Betriebe Mannheims um die Mittagszeit die Arbeit nieder. Doch darum geht es gar nicht. Heute schlieรŸen die Geschรคfte in der Innenstadt ihre Tรผren – was aber wohl mehr Selbstschutz als generรถse Geste ist, man stelle sich den verkleideten, durch alkoholhaltige Getrรคnke erheiterten Mob in der Parfรผm-Abteilung des Kaufhof am Paradeplatz vor. Genau. Dann lieber zumachen.

Dass Schulen, Universitรคten und Betriebe auรŸerhalb es Innenstadtrings keine Rรผcksicht mehr nehmen auf das illustre Treiben auf den Planken am Faschingsdienstag, ist nachvollziehbar und konsequent. Dennoch: in der Retrospektive der jรผngeren Vergangenheit dieses beim Mannheimer beliebten Schlussaktes der Fastnacht zwischen Neckar und Rhein bleibt das Gefรผhl einer stimmungsmรครŸigen Talfahrt. Sicher ist es ein bisschen wie beim Aufdruck auf Mรผslipackungen „Fรผllhรถhenschwankungen sind transportbedingt“: ist die Sonne am Srahlen und der Monat jung, ist mehr los als bei grauen 3 Grad und Flaute im Geldbeutel. Aber man wird das Gefรผhl nicht los, dass die Ausnahmestellung des Faschingsdienstags bewusst oder unbewusst untergraben wird. Frรผher tobte das Leben in den Passagen entlang der Planken in vielfรคltigster Art und Weise, heute sind diese ehemaligen Tummelplรคtze nรคrrischen Treibens verwaiste Gebiete. Auch wenn das hauptsรคchlich Sicherheitsbedenken geschuldet ist: dem Flair des StraรŸenfasching tut diese Neuerung seit zwei Jahren alles andere als gut. Und auch im Veranstaltungskalender der Stadt genieรŸt der Dienstag vor dem Aschermittwoch keinen Bestandsschutz mehr: ein Heimspiel der Adler am Faschingsdienstag ist bestenfalls unglรผcklich, wenn man davon ausgeht, dass die Schnittmenge feierfreudiger StraรŸengรคnger und รผberzeugter Stadiongรคnger nicht gerade klein ist – was die groรŸe Anzahl an Adlertrikots auf den Planken am Nachmittag bestรคtigen dรผrfte.

Dazu kommt die grรถรŸer werdende Zahl an Menschen, die komplett unverkleidet das Stadtbild prรคgen – vorausgesetzt, der Prolo-Ed Hardy-Assi-Look mit Billigstwodka und abfรคlligen Kommentaren รผber verkleidete Menschen ist nicht DAS Trendkostรผm 2015 gewesen. Aber SO gute Kostรผme gibt es gar nicht.

Es scheint also wenig Hoffnung zu geben fรผr die Zukunft des Mannheimer StraรŸenfasching. Es bleibt die Erkenntnis: frรผher war alles besser. Blรถd, dass das stimmt. Noch blรถder, dass man den Satz schon so frรผh im Leben von sich geben muss.

 

 

4 Antworten zu „Aschermittwochsblues“

  1. Avatar von Kraft S.
    Kraft S.

    Absolut richtig…
    Der Geist des Faschings ist flรถten gegangen รผber die Jahre!

  2. Avatar von Uschi
    Uschi

    Was genau wรคre denn der Sinn von Fasching wenn nicht saufen und in rassistischen oder sonst wie peinlichen Kostรผmen rumasseln? Von mir aus kann man den Scheiss gleich komplett abblasen, ich fรผhle mich durch die ekelhafte, erzwungene sehr deutsche Frรถhlichkeit ohnehin stark belรคstigt.

    1. Avatar von Walle50
      Walle50

      Dann hast du den Sinn vom Fasching nicht verstanden.

  3. Avatar von Walle50
    Walle50

    Leider.

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