Ein raumgreifender Kunst(t)raum auf Turley

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Ab Montag hat die neue Prince House Gallery auf Turley geรถffnet und zeigt Werke aus dem privaten Nachlass von Robert Hรคusser. In jeder Hinsicht sehenswert!

Kunst kann manchmal etwas schwer zugรคnglich sein, etwas sperrig. Eine Binse, ohne jeden Zweifel. In vielerlei Abhandlungen รผber Kunst rund um den Globus findet sich dieser Satz auf die ein oder andere Art und Weise und ist, wenn man nicht gerade vor einem heiteren Gedicht von Heinz Erhardt sitzt, so nichtsagend wie unverbindlich. Und doch: fรผr den neu entstandenen Kunstraum auf dem ehemaligen Kasernengelรคnde Turley ist diese Beschreibung zutreffend, wenngleich es dabei weniger um die Kunst selbst als um den Weg dorthin geht.

Denn die Prince House Gallery liegt zwar rein geographisch direkt an der Friedrich-Ebert-Str., also der Hauptverkehrsader in Richtung Weinheim, doch bis man den Eingang gefunden hat muss man sich รผber die GroรŸbaustelle Turley kรคmpfen, Baggern ausweichen, einen Parkplatz finden und dann noch den Zugang zum richtigen Haus erwischen. Doch dieser manchmal etwas schwierige Weg lohnt sich! Die Galerie hat Quartier bezogen in einem der „Altbauten“ auf Turley. Das sind die Gebรคude in roten Stein, die aufwendig und hochwertig saniert wurden und jetzt wahre Kunstwerke an sich sind.


Und so ist schon das Betreten der Galerie im Erdgeschoss des namenstiftenden Prince House ein kunstvoller Moment. GroรŸe Glastรผren mit oxidierten Metallrahmen geben den Blick frei auf das Foyer, das einem Gewรถlbekeller รคhnelt und an der Decke den Blick frei gibt auf das alte Mauerwerk. Und in diesem Ambiente zeigt die Prince House Gallery nun bis Mรคrz 2017 Werke des renommierten Fotografen Robert Hรคusser. Der gebรผrtige Stuttgarter kam Anfang der 50er Jahre nach Mannheim, wo er beruflich die privat seine Zelte aufschlug und im August 2013 verstarb.
Aus dem privaten Nachlass gibt es nun groรŸformatige Fotografien zu entdecken, natรผrlich in Schwarz-Weiss mit einer gehรถrigen Portion Dramatik darin. Hรคusser verstand es, alltรคglichen Situationen eine Besonderheit zu verleihen, die entdeckt werden will. Die ausgestellten Werke sind allesamt gekennzeichnet von einem fรผr Schwarz-Weiss-Fotografie typischen, aber fast รผberharten Spiel mit dem Kontrast zwischen Hell und Dunkel, das den Fotos eine bedeutungsstiftende Tiefe verleiht. Exemplarisch hierfรผr der „Hรผgel der Reichen“ von 1982 – ein Bild, das in puncto Aussage und Relevanz auch von gestern sein kรถnnte.

Viele der gezeigten Fotografien sind auรŸerdem geprรคgt von einer mehr oder minder strikten Symmetrie der Objekte, von den Ackerfurchen bis hin zu Hรคusern am Hafen. Im Kombination mit der dunklen, kontrastreichenย Optik und der Statik und Ruhe der Dinge im Bild versprรผhen Hรคussers gezeigte Werke eine eher dรผstere Stimmung, die in ihren Bann zieht. Neben den ausgestellten, zu erwerbenden Fotografien mit dem fรผr Hรคusser typischen Daumenabdruck auf der Rรผckseite zeigt die Ausstellung auch Werke des Fotografen als Leihgabe des „Forum Internationale ย Photographie“ (FIP) des REM, unter anderem die „21 Tรผren des Benito Mussolini“.


Die Prince House Gallery bietet den Bildern auf 120 Quadratmetern aber auch genau den richtigen Raum, um sich entfalten zu kรถnnen. Zur Erรถffnung mit Robert Hรคusser zu beginnen, das ist ein gelungener Glรผcksfall, denn der Wahlmannheimer war auch als Soldat in der Quadratestadt stationiert – nun hรคngt seine Kunst an den Wรคnden eben dieser. Ein sich schlieรŸender Kreis, oder wie Ina Pargeter, Tochter von Robert Hรคusser sagt: „Meinem Vater hรคtte das hier sehr gefallen“. Ein grรถรŸeres Lob kann es zu einer Erรถffnung kaum geben.

Die Ausstellung der Werke Robert Hรคussers bis Mรคrz 2017 wird begleitet von einem Programm mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Zur Erรถffnung am Montag kommt unter anderem Mannheims Oberbรผrgermeister, aber inhaltlich spannend wird es danach: Vortrรคge, Lesungen, aber auch eine Weinprobe – wer die fotografische Kunst Hรคussers in erweitertem Kontext erleben will, sollte unbedingt einen Blick auf das Veranstaltungsprogramm auf der Webseite der Galerie werfen.
Ein Besuch der Prince House Gallery lohnt sich, und der Eintritt ist, natรผrlich, kostenlos – denn am Ende kann man die gezeigten Werke natรผrlich grรถรŸtenteils kaufen. Sofern nicht jemand anderes schneller ist, denn schon gleich zu Beginn konnte man den bei Galeristen so beliebten roten Punkt erspรคhen.
Ein gutes Stichwort, Galeristen: mit Dagmar Wittmann und Johann Schulz-Sobez hat die neue Prince House Gallery zwei Gesichter, die mit Sachverstand und Enthusiasmus die Werke, die Galerie und den Standort prรคsentieren. Und das ist gut so!
Zumal sich die Prince House Gallery nicht nur als Ausstellungs- und Verkaufsraum fรผr Kunst versteht, sondern auch fรผr private oder geschรคftliche Anlรคsse gemietet werden kann und dafรผr hervorragende Mรถglichkeiten bietet.

Und wie geht es weiter nach Robert Hรคusser? Da ist man noch nicht festgelegt, oder will es schlicht noch nicht verraten. Was aber auch in Ordnung ist, denn jetzt liegt der Fokus erstmal auf den Werken des Wahlmannheimers, der unter anderem auch fรผr den Mannheimer Morgen fotografierte. Aber, und das freut zu hรถren: die Prince House Gallery ist in alle Richtungen offen, es werden kรผnftig auch Ausstellungen abseits der Fotografie gezeigt werden. Man darf gespannt sein. Denn der Auftakt kann sich wahrlich sehen lassen.
Es lohnt sich in vielerlei Hinsicht, der neuen Galerie auf Turley einen Besuch abzustatten. Ein wunderbares Beispiel, was aus Konversionsflรคche werden kann.

PRINCE HOUSE GALLERY

Turley-Str. 8 (Zugang รผber das Innengelรคnde)
68167 Mannheim

Webseite der Prince House Gallery
Facebookseite der Prince House Gallery

Eine Antwort zu „Ein raumgreifender Kunst(t)raum auf Turley“

  1. Avatar von Annika Schmidt

    Ich habe noch nie eine Weinverkostung in einer Galerie fรผr Kunst gemacht. Das klingt sehr lustig. Die Bilder der Galerie sehen sehr schรถn aus; es muss eine tolle Ausstellung gewesen sein. Ich hoffe, der Kรผnstler konnte viele seiner Werke verkaufen. Ich muss auch mal wieder in eine kostenlose Ausstellung gehen.

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