Dein Warenkorb ist gerade leer!
By
.
Das Tiffany wurde jรผngst 55. Die Feier? Wรผrdig. Eine Laudatio auf die Legende des Mannheimer Nachtlebens.
Das Tiffany „kennt“ eigentlich jeder. Der Club in den Mannheimer Quadraten, der wahlweise auf einfach nur „Tiff“ oder „Glitzerkeller“ genannt wird, feierte am 13. April seinen 55. Geburtstag. Und das ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert.
Zunรคchst sind 55 Jahre Club an gleichem Ort und in Familienhand eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Das Alter ist fรผr eine Diskothek beinahe biblisch, die meisten Clubs schaffen mรผhsam รผberhaupt zehn Jahre, bevor sich die Tรผren aus den unterschiedlichsten Grรผnden wieder schlieรen.
Im Tiffany gehen Generationen von Nachtschwรคrmern ein und aus – seit 1969. In dem Jahr, als Tom Esselborn die Mannheimer Clublegende in der Heinrich-Vetter-Passage erschuf, landete Neil Armstrong entweder auf dem Mond oder dem Boden eines Filmstudios und der deutsche Bundeskanzler hieร Willy Brandt. Zusammen mit seiner Frau Gisela, die jeder nur Gi nannte, machte er aus dem kleinen Discokeller die lebende Legende, die der Club heute ist und passenderweise im Namen trรคgt: „More than a club – a legend“. So fรผhrten die Esselborns den Club durch fรผnf ganz unterschiedliche Jahrzehnte, bis mit dem Tod Gis 2017 das Ende einer รra anbrach, die in Deutschlands Nachtleben einmalig sein dรผrfte. In der Folge รผbernahmen Toms Sohn Milian und Maximilian Dierschke mehr und mehr das Tagesgeschรคft im „Glitzkeller“ und spรคtestens mit dem Tod Tom Esselborns 2023 ist der Generationswechsel vollends vollzogen – und das Tiffany weiterhin ein Familienunternehmen im besten Wortsinn.
Zur Wahrheit gehรถrt auch, das Tiffany polarisiert stรคrker als die meisten anderen Clubs. Viele lieben es, viele hassen es, und fast jeder Nachtschwรคrmer wird eine eigene Geschichte oder zumindest eine Meinung zu dem Club in den Quadraten haben. Legendรคre Nรคchte, Scheitern an der Tรผr oder gar gรคnzliche Ablehnung – die Bandbreite ist riesig.
Doch zieht man den Fokus etwas auf und streicht die eigenen Animositรคten aus der Gleichung, kann man vor der Lebensleistung des Tiffanys nur den Hut ziehen – den es รผbrigens selbst im Logo trรคgt.
Tom Esselborn fรผhrte die Geschicke es Clubs von 1969 bis kurz vor seinem Tod mit 80 Jahren. Wer an dieser Leistung ernsthaft zweifeln mag, der sei gefragt, wie viele ร70er er kennt, die das Freizeitverhalten 20-30-Jรคhriger so maรgeblich verstehen und beeinflussen wie der Clubbesitzer Esselborn – und das รผber Generationen hinweg.
Mode, Musik, Konsum und Co. haben sich in diesen 55 Jahren so oft geรคndert, dass das Tiffany auch mit der Zeit gehen musste. Doch wรคhrend viele am Wandel zugrunde gehen, ist in meinen Augen der fรผr Diskotheken durchaus eigenwillige Umgang mit dem Zeitgeist DAS Erfolgsgeheimnis der Clublegende schlechthin. Denn statt Trends kurzfristig hinterherzurennen, hat sich das Tiffany seit Tag eins รผber ein paar bis heute unumstรถรliche Regeln definiert.
Eintritt kostenlos.
Klingt wie ein Mรคrchen aus 1001 Nacht, ist aber Gesetz seit 1969. Der Besuch im Tiffany ist grundsรคtzlich kostenlos. In meinen Augen ein Alleinstellungsmerkmal, das ganz im Sinne des Gastes ist. Denn gefรคllt es einem nicht, kann man wieder gehen. Wird der Abend groรartig, ist der Eintritt sicher auf den Getrรคnkepreis umgelegt.
Kein Musikmotto. Keine Themenparties.
Fast unvorstellbar. Der Club verzichtet seit jeher auf Events, die musikalisch irgendwie Rahmenvorgaben machen. Vielmehr will das Tiffany an jedem รffnungstag fรผr alle Gรคste eine verlรคssliche Anlaufstelle zum stilvollen Feiern sein. Fรผr mich ein grandioser Schachzug, dieses Konzept aufrecht erhalten zu haben und nicht den mannigfaltigen Verlockungen erlegen zu sein, thematische Sonderevents einzustreuen. Denn wรคhrend in anderen Clubs Gรคste regelmรครig Frustration erleben, weil sich teils absolut kontrรคre Themenevents die Klinke in die Hand geben, weiร man im „Tiff“, was einen erwartet. Wer das Erlebnis kennt, an einer Clubkasse Eintritt bezahlt zu haben, um dann entweder in einem leeren Laden zu stehen oder fรผr ihn unpassender Musik konfrontiert zu sein, wird wissen, wovon ich rede.
Stil und Etikette sind keine Mode.
Mehr als alle anderen Clubs in Mannheim legt das Tiffany Wert auf ein ordentliches Auftreten – sowohl auf Textilebene als auch im Benehmen. Mode ist kurzweilig, und natรผrlich hat auch das Tiffany die Tรผrpolitik sanft an sich wandelnde Zeiten angepasst, aber eben ohne den ganz groรen Shift. Lange Hosen und saubere Schuhe fรผr Mรคnner sind unverhandelbar, das Hemd weiterhin gern gesehen – und am hรถflichen Auftreten wird sowieso nicht gerรผttelt. Nein, Lackschuhe braucht es heute nicht mehr, aber Jogginghose (egal wie teuer sie ist) und die Guccibauchtasche quer รผber der Brust wird auch weiterhin -allen Trends zum Trotz – der Zugang zum Tiffany verwehrt bleiben.
Diese drei Grundsรคtze machen es dem Tiffany seit nun 55 Jahren mรถglich, unter Esselborn-Flagge sicher durch die Jahrzehnte zu segeln und sicherzustellen, dass die Gรคste immer das Mindestmaร an Niveau erwartet, das der Club mit der Auswahl seiner DJs, dem Service und den wertigen Getrรคnken auch liefert. Was in der Theorie so einfach klingt, ist in Wahrheit die oben beschriebene Lebensleistung, an der viele Clubs scheitern, spรคtestens dann, wenn sie ihre Grundregeln fรผr einen kurzen Trend รผber Bord werfen und dann Identitรคt und Charakter flรถten gehen.
Als Gast begleite ich das Tiffany seit meiner Ankunft in Mannheim 2003, als DJ seit 2005 mit einer mehrjรคhrigen Pause. Und es erfรผllt mich 2024 mit groรer Freude, in den „Glitzerkeller“ zu kommen und mich auf einen Abend zu freuen, der in seinem grundsรคtzlichen Wesen nicht anders ist als meine ersten Gigs 2005. Und selbst manche Gesichter bei den DJ-Kollegen oder dem Personal sind seit dieser Zeit und lรคnger aktiv. Wo gibt es das sonst? Und wer meint, diese Meinung hรคtte ich exklusiv, dem sei vom 55. Geburtstag berichtet, wo sich vor allem unter den geladenen Gรคsten zahlreiche ร50er und ร60er fanden, die ebenfalls seit Jahrzehnten mehr oder minder regelmรครig das Tiffany besuchen – und mittlerweile auch ihre Kinder dort treffen. Und alle fรผhlen sich wohl. Es ist der Ort, an dem sich Mannheims Stadtgesellschaft trifft, wenn besondere Anlรคsse zu feiern sind – oder einfach nur das Leben an einem normalen Wochenende.
Und jetzt, nach 55 Jahren? Steuert das Tiffany unter der Leitung von Max & Milian stramm auf die 60 zu. Und das – so mein Eindruck – vitaler denn je. Der Generationswechsel ist geglรผckt, und wie. Das Tiffany bleibt ein Familienunternehmen aus dem Hause Esselborn, und Max und Milian sind ein Team, dass nicht nur den Club souverรคn fรผhrt, sondern auch privat unter einem Dach wohnt – mit erprobter Arbeitsteilung und einem klaren Fokus auf das Wesentliche: seine Gรคste.
Unter der neuen รgide wurde im Tiffany wie immer sanft an der Evolution gearbeitet. Social Media, Barbetrieb, Kooperationen – vieles bewegt sich, vieles wird noch kommen – doch man darf zuversichtlich sein, dass diese Feinjustierungen das Wesen des Clubs auch noch fรผr Jahrzehnte bei dem belassen, was das ohne jeden Zweifel Tiffany eben ist:
Eine lebende Legende.
Happy Birthday.
Zum Abschluss hier noch ein paar ausgewรคhlte Impressionen von der 55-Jahr-Feier sowie der Link zum Beitrag des SWR in der Landesschau BW.
โฆ,besser hรคtte man es nicht schreiben kรถnnen!
Chapeau !
Schreibe einen Kommentar