Sinnvolle Capitolanlage

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Das Capitol kauft sich selbst. Ein wichtiger und richtiger Schritt für eine Institution, die noch mehr Achtung verdient hätte.

Die Katze ist aus dem Sack: die Kulturstätte in der Neckarstadt kauft seine Immobilie selbst und nimmt damit auch einen Gutteil ihres Schicksals in die eigenen Hände. In der mittlerweile fast 20-jährigen Geschichte des Capitols als Live- und Eventhaus ist dies ein Meilenstein, denn so ist man demnächst „Herr im eigenen Haus“. Das Gebäude, das bekanntermaßen mal ein Kino war, wird also gekauft und soll dann auch bald Sanierungsmaßnahmen unterzogen werde. Das Team um Geschäftsführer Thorsten Riehle und den künstlerischen Leiter Georg Veit hat so die nachhaltige Möglichkeit, sinnvolle Institutionen in die Infrastruktur der Spielstätte zu tätigen, ohne dabei auf Ab- oder Zustimmung von am Ende doch fremden Hauseigentümern angewiesen zu sein.

Um hier auch gleich gestalterisch tätig werden zu können, flankiert das Capitol die Mitteilung über den Kauf des Hauses mit einer großen Spendenkampagne. „Sei ein Teil davon“ soll dabei weniger zum Kauf des Hauses beitragen, denn der ist mit einer wohl längerfristigen Finanzierung bereits gesichert. Viel mehr möchte man auf diesem Wege 500.000 Euro einsammeln, um die anstehenden Baumaßnahmen durchführen zu können.
Dabei sollen 30 Firmen den Gutteil des Volumens stemmen, ein Benefizkonzert und die Spenden der Bürger den Rest.

Ob das Ziel erreicht werden kann, bleibt abzuwarten. Wünschenswert wäre es allemal, denn das Capitol ist Kult und leistet einen wichtigen Beitrag zum kulturellen Leben der Stadt. Gleichzeitig ist Kulturförderung dort rar gesät, während anderswo im städtischen Kulturbetrieb Millionen verpulvert werden. Es ist keine ganz neue Erkenntnis, dass die sogenannte Hochkultur wie Theaterbühnen, Orchester und Museen immense Summen an Geld aus öffentlicher Hand benötigen, während Spielstätten für vermeintlich trivialere Unterhaltung der  sogenannten Populärkultur oft allein ums Überleben kämpfen – die Alte Seilerei kann ein Lied davon singen, und auch im Capitol wird die Geschäftsführung nicht mit der goldenen Sänfte durch die heiligen Hallen getragen.
Man wird der großartigen Arbeit des Capitols auch nicht gerecht, wenn man es als bloßen Ausrichtungsort mannigfaltiger Konzerte sieht. Natürlich geben sich dort allerhand Musiker und Bands jedweder Couleur die Klinke in die Hand. In diesem Moment ist das Capitol eine ganz gewöhnliche Veranstaltungslocation. Aber wer etwas genauer hinsieht, wird feststellen, dass die aufwendig inszenierten Eigenveranstaltungen um das eigene Ensemble nicht nur das Herz des Hauses sind, sondern auch die verlässlichen Besuchermagneten im Veranstaltungskalender. Gleichzeitig findet aber noch so viel weiteres statt, dem die große Bühne nicht nur räumlich verwehrt bleibt: Kleinkunst, Charity-Events, Kindertheater, Nachwuchsförderung.

Jeder Mannheimer weiß, dass Bülent Ceylan und Xavier Naidoo ihre initialen Karriereschritte in dem ehemaligen Lichtspielhaus machten – auch deswegen unterstützen sie das Haus bis heute. Der wirkliche Reiz liegt aber in der in Mannheim einmaligen Ästhetik des alten Kinos und der Leidenschaft all derer, die vor, auf und hinter der Bühne das Capitol zu ihrer Heimat machen.

Deswegen allein hat das Capitol die Unterstützung verdient. Nicht nur derer, die dort regelmäßig Veranstaltungen besuchen, sondern auch aller, die eine vielfältige Kulturlandschaft in einer modernen, offenen Stadtgesellschaft für unerlässlich halten. Denn das Capitol ist ein innenstädtisches Haus mit Programm für jedermann, nicht bloß für die intellektuelle Elite, die bei Populärkultur nur verächtlich die Nase rümpft.

Und da muss ich dann am Ende immer an eine Diskussion denken, die ich mal zum Thema „Kulturförderung“ geführt habe. Da blieben Fragen wie „Wer entscheidet eigentlich, was förderungswürdig und damit wertvolle Kultur ist?“ und „Wieso wird eigentlich genau die Kultur am meisten gefördert, die hauptsächlich von den oberen Zehntausend konsumiert wird? Könnten die doch selbst bezahlen.“

Vielleicht etwas zu überspitzt formuliert, aber im Kern nicht ganz am Thema vorbei. In diesem Sinne kann man dem Capitol nur das Beste wünschen. Mit dem Kauf der Immobilie wird ein wichtiger Schritt gegangen, der aber auch Verpflichtung mit sich bringt.
Die Verpflichtung, den eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen und auch in Zukunft ein wichtiger Baustein für das kulturelle, vielfältige Leben Mannheims zu sein.

Die Menschen unterstützen das. Ganz demokratisch mit ihren Spenden. Das ist sicher ein manchmal anstrengenderer Weg.
Aber am Ende auch viel mehr wert, als am Tropf der öffentlichen Hand zu hängen.
Denn es ist Bestätigung durch die, für die es gemacht ist: das Publikum.

 

Relevante Links:

Kampagnenseite „Sei ein Teil davon“ und allen Infos zur Unterstützung

Webseite des Capitol

Facebookseite des Capitol

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