Mannheimer Kollektivversagen

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Der SV Waldhof Mannheim scheitert erneut in der Relegation und bleibt in Liga vier. Doch bei diesem Relegationsrรผckspiel hat Mannheim viel mehr verloren als die Chance auf den Aufstieg.

Sportlich braucht man sich dem Geschehen aus 180 Minuten Relegation nicht lange widmen: Uerdingen siegt รผber beide Spiele hinweg vรถllig verdient und steigt folgerichtig in die dritte Liga auf. Herzlichen Glรผckwunsch.
Doch ganz Fussball-Mannheim hat sich in diesem Heimspiel einen Bรคrendienst erwiesen, der lange nachhallen und hoffentlich drastische Konsequenzen haben wird. Was sich an diesem Sonntag im Carl Benz-Stadion abgespielt hat, ist ein Komplettversagen aller Beteiligten.

Dabei hat der Nachmittag grandios begonnen. Die Choreo zu Spielbeginn hatte Champions League-Format, und auch die Rauchbomben im Block zur dramaturgischen Untermalung verfehlten ihre optische Wirkung nicht. Auch das wird in Fussball-Deutschland nicht gerne gesehen, hier kann man aber durchaus geteilter Meinung sein. Und so schรถn es anzusehen ist, der restliche Tagesverlauf sollte zeigen, warum es wohl keine Alternative zur Null-Toleranz-Politik in dieser Sache gibt.

Wie schon in Hamburg beim letzten Saisonspiel รผbernehmen vermummte Idioten die Regie und feuern Bรถller und Raketen auf Spieler, Personal und Zuschauer und erzwingen so letztendlich einen Spielabbruch. Uerdinger Fans prรผgeln schon wรคhrend des Spiels auf Waldhof-Fans im Nachbarblock ein. Dass es diese Probleme gibt, ist nicht neu, irgendwie „in Mode“ und vor allem auch in Mannheim traurige Tradition eines Vereins, der sich gerne selbst im Wege steht.
Doch das Mannheimer Kollektivversagen im Anschluss an die Aktionen dieser Idioten ist das viel grรถรŸere Drama dieses Tages. Nach jedem Vorfall kommen die immerselben Plattitรผden: „Das sind keine Fans. Das sind einige Wenige, die den Sport kaputt machen“.
Das ist zweifelsfrei richtig, doch zur Wahrheit gehรถrt auch, dass sich diese „Wenigen“ immer wieder in die schรผtzende Masse des Fanblocks zurรผckziehen kรถnnen. Wo ist das entschlossene Vorgehen gegen die Vollidioten in den eigenen Reihen? 15 Mann in einem Block voll mit 5.000 Fans – und da kann man dann „leider nichts machen“? Sorry, das ist viel zu wenig.
Aber auch die restlichen 18.000 Zuschauer trifft eine nicht zu unterschรคtzende Mitverantwortung. Wรคhrend beim Hamburger Eklat am letzten Bundesligaspieltag das ganze Stadion das Verhalten mit einem anhaltenden, gellenden Pfeifkonzert quittierte, blieb das Carl Benz-Stadion still. Keine erkennbare Ablehnung des Verhaltens „der eigenen Leute“. DAS wรคre zumindest ein Zeichen der Mannheimer Fussballfans gewesen. Ein wichtiges Signal, an die eigenen Leute, aber auch raus in die nationale Fussballwelt: „Wir wollen das nicht. Das ist nicht unser SVW!“
Wenn man in diesen Momenten nicht klare Kante zeigt, wann dann?
Immer wieder tauchen auch die Fragen auf, wie so viele Feuerwerkskรถrper in ein Stadion gelangen kรถnnen, und unisono gibt es Ekelgeschichten von Materialien in Kรถrperรถffnungen. Das mag alles sein, doch es sei mir die Frage gestattet: wie zur Hรถlle kann ich samt Begleitung das Stadion zu einem Spiel dieser Kategorie betreten ohne Abtasten oder Blick in die Handtasche? Absolut unverstรคndlich. Genauso wie die Entscheidung der Polizei, dem Treiben auf der Siffling-Tribรผne fernzubleiben.

Viel รœbles fรผr einen einzigen Tag, und vom verpassten Aufstieg haben wir da noch gar nicht geredet. Doch, man glaubt es kaum, es kommt noch schlimmer.
Als die Mannschaften zum Fortsetzen des Spiels zurรผckkehren, geht das „Feuerwerk“ aus der „Ost“ von vorne los – auch, weil das Mannheimer Publikum sich nicht entschieden dagegen stellt. Als das Spiel dann endlich abgebrochen und eine tolle Spielzeit des SVW ihr unwรผrdiges Ende gefunden hat, passiert etwas, das NIEMALS hรคtte passieren dรผrfen und das Bild des Mannheimer Fussballs massiv beschรคdigt: die enttรคuschten Spieler des SVW machen sich auf die obligatorische Runde durchs Stadion und gehen am Ende geschlossen, Beifall klatschend, vor die Fans auf der Siffling-Tribรผne. Und als wรคre das nicht genug, wird sogar noch zum persรถnlichen Abklatschen am Zaun entlang geschritten.

Man muss sich das noch mal auf der Zunge zergehen lassen: ein Block, in dem viele Fans einige Idioten untรคtig gewรคhren lassen, bringt die Mannschaften beider Teams um ein wรผrdiges Ende eines Spiels und einer Spielzeit. Und zum Dank marschiert die Mannschaft Applaus spendend fรผr den „tollen Support“ vor die Kurve. Richtig wรคre gewesen, demonstrativ alle Tribรผnen zu verabschieden und die „Ost“ keines Blickes zu wรผrdigen – wohlwissend, dass damit zwar der ganze Block in Sippenhaft genommen wird, aber wie sonst soll man Selbstreinigungskrรคfte in einem Verein freisetzen, damit der eigene Anhang diesen Verrรผckten endlich die rote Karte zeigt.
Um es klar zu sagen: es ist ein kapitaler Fehler, diese unrรผhmliche Leistung nicht mit Missachtung gestraft zu haben. Und so geht eine Saison zu Ende mit einem Schaden fรผr das Image des Mannheimer Fussballs, der noch gar nicht zu beziffern ist. Wenn es richtig lรคuft, stehen leere Tribรผnen und Punktabzug in der kommenden Spielzeit fest, wirtschaftlich und sportlich wรคre das ein Supergau, aber korrekt. So rรผckt ein Aufstieg in den deutschen Profifussball in weite Ferne.

Aber, wenn man ehrlich ist, bleibt nur eine bittere Erkenntnis: in dieser Verfassung hat da der SVW und ganz Mannheim auch nichts verloren.

7 Antworten zu „Mannheimer Kollektivversagen“

  1. Avatar von Lukas
    Lukas

    Wie wรคre es wenn ihr mal ins Stadion geht ?! Oder die Augen und Ohren auf macht !!!!
    Das ist mehr als peinlich …….

  2. Avatar von Robert Graller
    Robert Graller

    Dem ist nichts hinzuzufรผgen.
    Perfekt!!!

  3. Avatar von Michel
    Michel

    War einer von euch Vรถgeln im Stadion???? Also ich hab ganz deutlich mitbekommen als sich das Publikum gegen die Ultras stellte. Wo ist euer Text zum Blocksturm der Uerdingen Idioten bei dem es Verletzte gab. Sogar ein Kind war darunter. Aber scheiss drauf, immer schon auf die Mannheimer die sind es ja gewohnt.

  4. Avatar von ib
    ib

    https://youtu.be/ry8Yx0bDO60

    Selbstverstรคndlich gab es ein Pfeifkonzert.
    Das wirft unseren geliebten SVW dennoch leider um Jahre zurรผck.

  5. Avatar von Nils
    Nils

    Wer nicht im Stadion war sollte schweigen.
    Viele haben sich รผber diese paar Vollidioten aufgeregt, aber seit ehrlich zu euch selbst geht ihr zu Randalierer die Bengalos und Kanonenschlรคge haben und sehr aggressiv sind hin und versucht sie abzuhalten?
    Nein ganz bestimmt nicht.
    Also nicht so eine scheiรŸe labern wenn man keine Ahnung hat und nicht dabei war.
    Aber immer schรถn drauf schlagen auf den SV Waldhof…. Mehr kรถnnt ihr auch nicht

  6. Avatar von TF82
    TF82

    Es ist nun mal so das diese Leute jedes Soiel besuchen das diese Leute ihre Zeit ihr Geld ihr Privatleben in den Verein stecken. Sie machen die schรถnsten Choreographien und auch sonst viel fรผr den Verein. 3 Jahre FuรŸball auf hohem Niveau und 3 Jahre treue Fans. Aber es kommen im normalen Spielbetrieb 3-5000 Fans die eine eingeschworene Gemeinschaft sind. Wo ist der Rest der 20000 entsetzten Zuschauer wenn der Waldhof mal schlecht spielt ? Es waren keine schรถnen Bilder in der 80 min und nicht zu entschuldigen aber verstรคndlich das den Jungs der Kragen geplatzt ist.
    Dies wird in der Waldhoffamilie auch heftig und kritisch diskutiert. Es wird auch intern Konzequenzen geben aber โ€žeinmalimjahrfansโ€œ sollten ihre Klappe halten !

  7. Avatar von Andreas Prodeh
    Andreas Prodeh

    Interessante Erfahrung mit der Facebooksite von Mannheim.at gemacht. Die Damen und Herren haben einen sehr einseitigen und auch teilweise von den Fakten her unrichtigen Kommentar zum gestrigen Waldhofdrama geschrieben. Ich habe einen sicherlich lรคstigen, auch ironischen Gegenkommentar gepostet und sie auf ihre unrichtigen Darstellungen hingewiesen. Mein Text ist nicht mehr zu sehen. Danke Mannheim.at. Ich hab immer gedacht, Zensur findet nicht statt. Ihr seid fast so erbรคrmlich, wie die paar Deppen, die gestern das Stadio abfackeln wollten.

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